Heimatverein beim „Türkenlouis“ in Rastatt
Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende des Neulußheimer Heimatvereins, Brigitte Koch-Brömmer, zum Jahresausflug nach Rastatt (erfreulich, dass zum ersten Mal ein Doppeldeckerbus notwendig war) hatten Mitglieder und Freunde des Vereins knifflige Fragen zu den dortigen Schlössern zu beantworten: war das Gebäude dort nun ein Barock-, ein Renaissance- oder ein Rokoko-Schloss?. Wurde der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden Erbprinz, Landesherr oder Türkenlouis genannt? Wie hieß seine Gattin? Wollte man beim gemütlichen Beisammensein am Abend einen wertvollen Preis ergattern, hatte man der Begrüßungsrede der Vorsitzenden aufmerksam folgen müssen.
Herrliches Ausflugswetter, gute Stimmung und eine rege Konversation begleiteten die gut eine Stunde dauernde Fahrt.
Nach einer Stärkung im Schlosscafé des Schlösschens Favorite in Rastatt mit seinen weiten Anlagen und besonderen Baumpflanzungen, machte sich die Gruppe des Heimatvereins nach ausgedehntem Spaziergang auf den Weg zum Residenzschloss in Rastatt, erbaut durch Ludwig Wilhelm von Baden, Türkenlouis genannt, im Stile von Versailles. Hier erwartete die Mitreisenden eine Führung unter dem Titel „Klatsch und Tratsch“ mit einer „Madame“ in historischer Kleidung.
Verschwörerische Gesten, verschmitzte Minen, mit Perlen in der Hochfrisur und feinster höfischer Kleidung, als sie über die intimsten Situationen ihres höchstdekorierten Dienstherrn und seine Verwandtschaftsprobleme berichtete, amüsierte die Zuhörer und Zuschauer aufs Köstlichste. Madame Freifrau Alexandra von Brettheim hielt sich standesgemäß eine „Zofe“ aus dem Besucherkreis, die Handreichungen – mit Hofknicks - machen durfte!
Ihre Stellung am fürstlichen Hofe attestierte Madame von Brettheim über Pikantes und Alltägliches zu reden, auch über den „Kackstuhl“, der im Kabüffchen neben dem mindestens 80 cm hohen Doppelbett stand. Es ließ sich gut ausmachen, wie die hygienischen Zustände in der Zeit des Barock waren. Baden oder duschen waren Fehlanzeige. Parfüm und ähnliche Riechstoffe überlagerten den unvermeidbaren Körpergeruch. Flöhe und Läuse fühlten sich offenbar unter Hochfrisuren, Perücken und weiten Röcken wohl. Für diese Zwecke leistete sich „Frau“ einen Liliputaner unter dem Reifrock, der die Plagegeister dort in Schach hielt. Auch Schoßhündchen, so Madame von Brettheim, erfüllten oft diese Aufgabe. Ungeniert und doch mit vorgehaltener Hand, pardon Fächer, plauderte Madame aus dem Nähkästchen, was ihren Dienstherrn, den Türkenlouis, im Grab sicher zum Umdrehen brachte.
Der Bus brachte die Ausflügler anschließend in das historische Lokal „Zum Hopfenschlingel“. Nachdem man sich mit Schmack-haftem gestärkt und den Flüssigkeitshaushalt geregelt hatte, wurden die Gewinner des Rätsels ermittelt. 1. Gewinnerin war Monika Ballreich, den 2 Preis erhielt Annemarie Brand und den 3. Preis dufte Margot Langlotz in Empfang nehmen – allesamt Gutscheine von Neulußheimer Geschäften.
Den Neilossema Dialekt zu pflegen und den Neu-Neulußheimern zu vermitteln gehört zu den Aufgaben des Heimatvereins. Es wurden Blätter mit „Neilossema Ausdrick“ verteilt, die es zu übersetzen galt. Was die Tischgemeinschaften zusammen schweißte und anregende Diskussionen entfachte. Sogar Alt-Einheimische rätselten über Wörter wie „Ziwwale“ (kleiner Holzzuber) oder „Gschmaaßmugg“ (Schmeißfliege) oder „Zommenummeno“ (in einem zusammen fort). Dagegen ist „Weffz“ (Wespe) oder „Bischlä“ (bügeln) ein Klacks.
Wie beim Heimatverein üblich, ging keiner der Reiseteilnehmer mit leeren Händen nach Hause. Jeder erhielt aus dem großen Karton ein süßes Präsent. Man ist gespannt, was der nächste Jahresausflug an Überraschungen parat hat. Alla, bis negschd Joahr.
Gisela Jahn